
Ilko-Sascha Kowalczuk
@IlkoKowalczuk
1/Der ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk sagte im Frühsommer 2014: Mit Nord Stream gehe es nicht nur um Gas. „Dies ist ein großer Plan zur Zerstörung der Ukraine.“ (S. 95) Die beiden Journalisten @steffendobbert und Ulrich Thiele haben in diesen Tagen eine Reportage
2/vorgelegt, die das Zeug hätte, die politische Landschaft in Deutschland durcheinander zu wirbeln. Was die beiden im Stile eines investigativen Journalismus rekonstruieren, lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass größere Teil der bundesdeutschen Politik, vor allem verantwort-
3/liche sozialdemokratische Politiker wie Schröder, Steinmeier, Gabriel und viele, viele andere, aber auch in einem intensiven Maße die sozialdemokratischen Regierungen in Mecklenburg-Vorpommern unter Sellering und dann Schwesig im Verbund mit dem Kreml, dem Staatskonzern Gazprom
4/und alten Stasi-Seilschaften, die bis in den Kreml hinein bestens vernetzt sind, russische Interessenspolitik betrieben – ob nun bewusst oder nicht, jedenfalls sehenden Auges. Es gab immer warnende Stimmen, die immer als Krakeeler abgetan wurden. Allein die Milliardensummen,
5/die die beiden Autoren aufführen, mit denen Deutschland über 20 Jahre hinweg jährlich den russischen Militärhaushalt in unvorstellbaren Dimensionen fütterten, reicht schon, um das ganze Ausmaß der russischen Infiltration in Deutschland zu erahnen. Dobbert/Thiele führen so viele
6/Beispiele für Infiltration, Unterstützung russischer Politik, Korruption oder dummdreistes Handeln an – ganz zu schweigen von der völligen Ignorierung ukrainischer, polnischer oder baltischer (Sicherheits)Interessen -, dass sich einzig und allein die Frage stellt, wie solche
7/Politiker, die dafür die Hauptverantwortung aktiv trugen, heute immer noch in Amt und Würden sind. Das Besondere an diesem Buch ist die Konzentration auf Mecklenburg-Vorpommern, ein Bundesland, dass die beiden Autoren als „Vorposten“ des Kreml bezeichnen. Innerhalb kürzester
8/Zeit flossen in dieses kleine Bundesland über 200 Millionen Euro aus russischen Quellen. „Nirgends arbeitete Gazprom so eng mit dem deutschen Staat zusammen wie in Schwerin.“ (S. 369) „Der Schlüssel dafür war strategische Korruption.“ (ebd.) In Deutschland bejubelten viele Nord
9/Stream 1 und 2 – in den osteuropäischen Staaten galt die Gaspipeline da schon lange vor dem 24.2.2022 als eine neue Art des Hitler-Stalin-Paktes. Was ich dem Buch und seinen Autoren wünsche? Eigentlich gibt es nur zwei Alternativen: Entweder die in diesem Buch maßgeblich be-
10/nannten Akteure wie Steinmeier oder Schwesig treten endlich zurück, um einer parlamentarischen Aufarbeitung den Weg freizumachen. Oder aber solche Politiker verklagen Autoren und Buch wegen übler Nachrede und Verleumdung – dann müssten sie nach den erfolglosen Prozessen auch
11/endlich zurücktreten. Übrigens sind die Stasi-Connections, die dieses Buch anspricht, nicht neu, aber sie zeigen einmal mehr, wie vital sie sind. Dass in MV dabei auch Stasi-Typen in der Linkspartei eine zentrale Rolle spielen soll mit Blick auf den Höhenflug der Linkspartei
12/nicht nur am Rande erwähnt werden. Die Reportage lässt einen rat- und fassungslos zurück: Ja, Deutschland bezahlte Putins Aufrüstung und Moskaus Vernichtungsfeldzug gegen die Ukraine in unfassbaren Größenordnungen mit. Und dafür soll niemand zur Verantwortung gezogen werden?