
Ulrich Vosgerau
UlrichVosgerau
Das war heute eindeutig das Thema des Tages: die 60-Minutes-Sendung und die Reaktionen in den USA darauf. Seit Jahrzehnten hat sich ja die Wahrnehmung ausgebreitet, Hilfe für Deutschland, oder jedenfalls der entscheidende Anstoß, könne nur noch von außen kommen. Das steckte ja auch in Redensarten wie: es gäbe keinen "freien Westen" mehr, oder: Ungarn sei heute der "freie Westen", oder: es gäbe kein Westfernsehen mehr, oder: die schweizerische Presse sei inzwischen das Westfernsehen... Nun ist es unter Umständen wirklich so weit. Im Ausland, v.a. eben in den USA, beginnt sich herumzusprechen, daß Deutschland längst keine "westliche Demokratie" mehr ist. Denn in einer westlichen Demokratie erfolgt die Meinungsbildung von unten nach oben ohne staatliche Ingerenz, und die Presse ist privat. Und die Meinungsfreiheit wird umfassend gewährleistet. In Deutschland hat sich hingegen seit der Wiedervereinigung schrittweise ein politisch-medialer Komplex gebildet, in dem die GRÜNEN heimliche Staats- und Medienpartei sind und der seine utopischen, quasireligiösen und gesinnungsethischen Vorstellungen in die Verfassung, ins Grundgesetz hineinprojeziert. Auf einmal gilt als Verfassungsfeind, wer die Utopien der neuen Priesterkaste nicht teilt... Aber noch etwas anderes unterscheidet Deutschland von einer westlichen Demokratie: nämlich die Möglichkeit, daß Politiker konkurrierende Parteien wegen angeblicher "Verfassungsfeindlichkeit" verbieten lassen können. Rein rechtlich gilt das auch für die zweitstärkste oder stärkste Partei. Denn die "Gefahr", die von einer Partei potentiell ausgeht, ist ja um so stärker, je mehr Leute sie wählen! In einer richtigen westlichen Demokratie wird das Schicksal der Parteien hingegen allein von den Wählern bestimmt, nicht von Richtern, die Politikern ihr Amt verdanken und sich eventuell durch die Ausschaltung der Konkurrenz erkenntlich zeigen müssen. Die beiden "klassischen" Parteiverbotsverfahren aus den 1950 Jahren, SRP und KPD, sind dabei noch einigermaßen "mustergültig". Es geht nicht um die wirklichen oder vermeintlichen Ansichten der Anhänger und Mitglieder der Partei, für diese gilt ganz einfach Meinungsfreiheit und sie gehen den Staat nichts an, sondern nur um die konkrete Absicht zur Abschaffung des Wesenskerns der Verfassung: Menschenwürde - Demokratie - Rechtsstaat. Beim KPD-Verbot spielte etwa die Befürchtung eine Rolle, die ostblockhörige Partei könnte dem Warschauer Pakt im Falle eines Einmarsches in Westdeutschland behilflich sein. Im NPD-II-Urteil (2017) stieß das BVerfG ein neues Tor auf. Auf einmal konnten Aussagen wie "Wir können doch nicht das Sozialamt der Welt sein!" absurderweise potentiell in die Nähe einer Ablehnung der Menschenwürdegarantie gerückt werden. Denn werden Sozialleistungen nicht letztlich wegen des Menschenwürdegedankens gezahlt? Und kann man davon irgendwen ausnehmen? Verfassungsrechtlich ist das natürlich Unsinn. Die Menschenwürdegarantie verbietet es dem Staat, jemanden zu foltern oder Umerziehungslager zu errichten, in denen Gehirnwäsche getrieben wird. Sie verbietet es nicht Bürgern oder Parteien, vernünftige Aussagen über die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Sozialstaates zu treffen. Aber auf die richtige Anwendung des Verfassungsrechts kann man sich derzeit in Deutschland nicht mehr blind verlassen – es geht immer mehr in Richtung "Erziehungsdiktatur". Auch das muß in den USA Thema werden – damit transatlantischer Druck aufgebaut werden kann und die uns notfalls helfen. Denn immer mehr breitet sich die Befürchtung aus: nach der nächsten Wahl, die nicht zur Zufriedenheit der staatlich finanzierten Linksaktivistenszene ausfallen wird, könnten alle Masken fallen...